Man kann es mit der Kirche halten, wie man mag. Aber in ihren Kommunikationstechniken ist sie in vielerlei Hinsicht Vorbild für so manche Unternehmenskommunikation, die den Kompass verloren hat.
Man kann es mit der Kirche halten, wie man mag. Aber in ihren Kommunikationstechniken ist sie in vielerlei Hinsicht Vorbild für so manche Unternehmenskommunikation, die den Kompass verloren hat.
In Frankreich schlagen sie am „Mardi Gras“ (fetter Dienstag) nochmal richtig zu, in England ist derselbe Tag der „Pancake Tuesday“. Ein Tag vor Aschermittwoch werden die Kühlschränke geleert, die Vorräte an Eiern und Zucker aufgebraucht. Denn in den 40 Tagen danach, so will es der Brauch der Fastenzeit, wird Verzicht geübt. Wer es ernst meint, für den gilt dann: Nur eine Mahlzeit am Tag, und dabei sind Fleisch, Milchprodukte, Alkohol und Eier verboten.
Die Kirche ist eine Meisterin der Dramaturgie. Das Spiel mit Farben und Symbolen, mit starken Geschichten, mit Bindung schaffenden Ritualen und Orientierung stiftenden Formaten beherrscht kaum eine Institution besser. Für die Unternehmenskommunikation bietet sie einen reichhaltigen Fundus an Best Practise.
Beispiel Fastenzeit: Sie ist, wie die Adventszeit, eine fest definierte Periode im dramaturgisch durchgetakteten Kirchenjahr. Seit dem 16. Jahrhundert ist die Abfolge von Festen und Festzeiten, in denen jeweils unterschiedliche Regeln auch für die Gottesdienste gelten, unverändert. Eine Abfolge, die Orientierung gibt. Auch die Geschichten (Lesungen), die zu den jeweiligen Zeiten erzählt werden, sind immer dieselben. Es gibt Phasen des fröhlichen Feierns und Phasen des Innehaltens.
Und in der Unternehmenskommunikation? Sie neigt dazu, in einer immer schnelllebigeren Zeit die Farben und Symbole allzu oft zu tauschen. Programm-Claims, etwa für Veränderungsprozesse oder Strategieprogramme, werden alle zwei, drei Jahre getauscht. Oft mit der eigentlich richtigen Motivation, neue Impulse zu setzen. Genauso oft aber mit dem Ergebnis, dass das Neue wirkungslos verpufft, weil der dritte Claim in fünf Jahren von vielen nicht mehr ernst genommen wird.
Auch die Formate werden in immer kürzeren Abständen geändert oder komplett ausgetauscht. Noch ehe sich ein Kommunikationskanal etablieren konnte, wird auf den nächsten Trend gesetzt. In Verbindung mit immer neuen Farben, Symbolen, Claims und Geschichten entsteht das Gegenteil von dem, was Kommunikation eigentlich erreichen will: Orientierung, Sinnstiftung, Bindung und Sicherheit. In ihrer Unstetigkeit wird die Unternehmenskommunikation so zum Symbol einer atemlosen, erratischen Unternehmensführung.
Was sich von der Kirche lernen lässt:
1. Rituale
Sie geben nicht nur Sicherheit und Orientierung, sie haben auch eine soziale, emotionale Komponente. Etwa fest definierte Zusammenkünfte von Teams, in denen Kommunikation und Socializing verbunden werden. Wichtig: Auf verlässliche Regelmäßigkeit achten.
2. Dramaturgie
Klarheit vermitteln darüber, wann was in der Kommunikation zu erwarten ist. Und dabei Höhepunkte inszenieren, die als solche wahr- und ernstgenommen werden. Denn wenn alles gleich laut ist, ist alles auch gleich unwichtig.
3. Konsistenz
„Natürlich bist du auch einer von ihnen; deine Sprache verrät dich“, heißt es in Matthäus 23,73 über Petrus. Eine große Erzählung, eine Vielzahl von „kleinen“ Geschichten, die immer wieder erzählt werden und dieselben Kernbotschaften transportieren. Auch in Sachen Storytelling ist die Kirche ein Beispiel inhaltlicher Konsequenz.